martedì 5 agosto 2008

LAVAMUS MANUS

Die Pontius -Pilatus Syndrome.

„Er wollte nicht mehr.“
„Er hat sich aufgegeben.“
„Man kann nicht für ihn tun, er will es so, gegen den menschlichen Willen sind wir als Seemannsmissionare machtlos. Wir können nur abwarten und hoffen, dass man uns aufsucht.“
.Unsere Tür ist übrigens stets offen für ein Gespräch.“
So etwas bekommt man von den Seemannspastoren der Welt zu hören, wenn ein Seemann als langjährige Bewohner des Seemannsheims einsam stirb und man fragt, warum der Mann allein gelassen wurde und man ihn einsam verwahrlosen ließ.
Gewiss, der konsequente übermäßige Konsum von Alkohol spielt eine wesentliche Rolle in dieser allzumenschlichen Tragödie.
Der Alkoholsucht ist letztendlich tödlich und der Weg dorthin ist lang und beschwerlich.
Für älteren Alleinstehenden ehemalige Seeleute jedoch befindet sich der Anfang des Weges genau dort, wo die Ausflaggung der Handelsflotte begann.
Am Ende des Weges steht wie im Fall unseren Freund Ricky seine einsames Kollabieren in der gemeinschaftlichen Küche des Seemannsheimes nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt, von wo er Tagen zuvor, als geheilt entlassen worden war und der tot nach der Weiterlieferung in Krankenhaus.
Einigen Jahren davor verloren wie Manny, und kurz davor starb auch der schwerkranke Richard alleine in seiner Kammer.
Auch Richard starb kurz nachdem er, als geheilt aus dem Krankenhaus entlassen worden war.
Den schwer an Krebs erkrankte und Zuckerkranke Richard wurde viel zu früh aus dem Krankenhaus entlassen, er war pflege bedürftig, leider ist das Seemannsheim keine Pflegeanstalt.
Die Katakomben der ersten Etage des Hauses, dort wo wir, die Glorreichen 14 leben ist kein guter Ort, um zu sterben.
Die Angestellten des Hauses sind, wenn auch sehr hilfsbereit und zuverlässig, keine Krankenpfleger und erstmal gar nicht für schwerkranke ältere Männer.

Zwischendurch auch Fischdampfer Werner, der durch Kreislauf und Asthma leiden schwer erkrankt Haudegen, starb auch nach seinem zweiten Herzinfarkt, alleine in seiner Wohnung.
Auch er war ein paar Mal im Krankenhaus wegen Herz- und Kreislaufbeschwerden gewesen.
Auch er wurde kurz vor seinem tot als geheilt entlassen.
Auch hier war beängstigender Einsamkeit und Alkohol im Spiel.
So erging es auch Manfred, Charly, Hans und all den anderen, an deren Namen man sich fast nicht mehr erinnert, am deren Gesichter und an deren Stimme und vor allem, an deren Geschichten aber schon.
All dieser Männer hatten etwas gemeinsam, es waren alles alleinstehend ehemalige Matrosen, die im Laufe der Zeit von Bord ihrer ausgeflagten Schiffe irgendwann durch Billigeres, Bequemeres, nicht Kritisches personal aus Asien, abgelöst worden waren.
Damals genau so wie heute war es nicht einfach für ausrangierten Matrosen, einen Arbeitsplatz an Land, zu finden.
Heute zutage ist es sogar noch härter, wenn nichts schier unmöglich geworden.
Dank dem blinden Gehorsam inkompetenter Politiker.
Das Diktat des Verbandes deutscher Reeder und deren Lobby, ausgemacht aus Gefälligen spinn Journalismus und Scheißhausparolen-Patrioten, die sich kräftig in gewinnbringenden Anschreibungstransaktionen auf dem Rucken der Bevölkerung und des Landes eine goldene Nase verdienen, ist es heute sogar für jungen Schiffsoffizier fast unmöglich, einen Arbeitsplatz an Bord zu finden.
Unsere verstorbenen Kameraden waren keine labilen Menschen, denn Seeleute sind nicht labil.
Sie waren betrogene Menschen.
Sie waren ausrangierte Menschen.
Sie waren vergessenen Menschen, deren Existenz, nur als Vorwand für selbstgefälliges zweifelhaftes Missionierungsgeschwätz einiger christlicher Institutionen, die längst, zu anfechtbaren Lobbys in eigener Sache geworden sind.

Sie litten und starben auf erbärmliche Weise mitten unter uns in Mitte Bremen, weil man sie zu früh aus dem Krankenhäuser als geheilt entlassen hatte.
Die starben, weil sie, als sie fast nicht mehr zurechnungsfähig waren, aus dem Krankenhaus flüchteten um an der Theke ihre Stammkneipen, sogar wie in Fall unsere Freund, noch mit den medizinischen Kanülen im Arm, ein Refugium suchten.
Hier haben alle versagt und nicht nur bei Ricky.
Nicht nur die Krankenhäuser mit ihrem überforderten Personal.
Nicht nur das gesamte Gesundheitswesen, das Mediziner und Krankenhäuser zwingt, zulasten der Patienten, sparsam zu sein.
Nicht nur die Politik, die, die in meinen Augen verfassungswidrige Handhabung der Seefahrtssubventionen durch den Verband der Deutschen Reeder, der Ausflaggung der Deutsche Handelsflotte und der Ablösung der deutschen Seemänner durch billigeres Personal, zu erst zugelassen hat, dann geduldet, und ja verdammt noch mal, sogar befürwortet hat.
Auch und vor allem die Gewerkschaften haben hier einen großen Teil der Schuld an der Misere der deutschen Seefahrt und der Seeleute, mit zu verantworten.

Wir geben dem Hafen ein Gesicht, liest man in die Ausgabe N° 2 von „lass fallen anker“ der deutschen Seemannsmission zu Bremen.
Toll!
Wie wäre es wenn man endlich anfangen würde der Seeleute hierzulande, ein Gesicht und eine Würde zu geben und gefälligst aufhören wurde uns zu verarschen, verdammt noch mal.
Es ist weder die Aufgabe der Kirsche noch die der Seemannmission dem Hafen ein Gesicht zu geben, das haben wir mit unserer Arbeit, unserem Können und unserem Engagement, schon längst getan.
Zum Teufel noch mal, der Hafen braucht nicht sandgestrahlt zu werden.
Die Seefahrtspolitik des Landes aber schon und zwar radikal.
Vor allem weil ich immer noch der Meinung bin, dass hier manche Inhalte und Einlagen die Subventionen für die Seefahrt und der Bemannung von subventionierten Schiffen durch billiges Personal aus dem Osten Europas und Fernosten des Globus, unten Verfassungswidrige umständen stattgefunden hat. Deshalb bin ich der Meinung, dass es höchster Zeit ist, dass sich der Gesetztgeber langsam damit befasst.
Von Nöten wäre auch eine Seefahrtsmission und einer Kirche gewesen, die nicht nur gratis urbi et orbi, unter den arbeitslosen Seeleute erteilt und bunten Billigtelefonkarten unter unseren, zu Seefahrenden asiatische Kollegen verhökerte.
Man hätte vor allem engagierten Missionaren und Pfarrers gebraucht die von ihrer Kanzel aus, landesweit gegen die Seefahrtlobby, die, die deutsche Seefahrt als solche am zerstören war, und dem Land schaden zufügte, zu Kampf antraten, die hat es aber nie gegeben.
Statt dessen hat man den dahin vegetierenden Seemann fast vernachlässigt und tröstende Wörter erteilt.: „... unsere Tür steht immer offen für ein Gespräch ...“
Es wurden sinnhafte gefällige Lobby-lobenden Analysen der Seefahrt veröffentlicht und manchem Verband deutscher Reedermitglieder der Hof gemacht und warme Luft. in deren Ärsche gepustet.
Währenddessen durften, die, um die es wirklich geht, als Schwerkranken, mit notdürftiger medizinischer Versorgung, allein und verbitter, auf die Straße, in der Küche, des Seemannsheims zusammenbrechen oder in ihrer Kammer, auf sich allein gestellt, elendig verrekeln.

Auszug aus MSKR N°5 VON ANDERN GESICHTEN UND EPILOGE.
Aus die reihe: EIN HAUFEN VON VOLLIDIOTEN IST AM WERK.

Die Seemannshäuser der Seemannsmission sind voll von Menschen wie ich.
Wir alle, als Restmüll einem einmal Blühenden Zunft, Leben nun als vergessener lästiger Überbleibsel des damaligen Deutschen Christliches Seefahrt fast am Rande der Existenz Minimum und werden bald alle verschwunden sein.
Laut Statistik lebt ein Mann heute zutage 78 Jahre.
So ein Scheiß, da habe ich also laut Statistik noch 15 einsamen Jahren vor mir abzuknabbern, das überlebe ich nicht, ganz bestimmt nicht. Genau so wenig wie einigen den Mitbewohnern und Kollegen von mir, die hier im Seemannsheim am Rande dem Existenzminimum ihrer Dasein fristeten, es nicht überlebt haben.

Wir leben einen notdürftiges Leben, weil man uns belog und schamlos ausnutzte und danach, wie lästiger Müll wegwarf.
Deswegen fristen viele ehemalige Seeleute ihr Dasein auf prekärer Basis in den Seemannshäusern des Landes oder in billigen Sozialwohnungen oder billigen absteigen und können keinen Fuß mehr im Leben fassen.
Am Ende werden wir irgendwann alle irgendwo ganz allein, den Löffel abgeben.
Der Seemannspastor wird dann in der Seemannsheimkapelle eine kurze Andacht halten, danach wird die kleine Trauergemeinde mit dem Minibus der Mission, zum Friedhof hinausfahren, wo eine Urne mit der Asche des Seemanns einsam in der Friedhofskapelle, stehen wird.
Der Seemannspastor wird als Amtsperson der Name des verstorbenen Seemanns auf der Urne bestätige, denn es werden keine Familien-Angehörigen da sein.

Wenn es hoch kommt, werden gerade eine Handvoll Kameraden nach einem kurzen Gebet, einen Friedhofsangestellten das mit der Urne vorweg und dem Pastor hinterher, zu dem Namenlosen teil des Friedhofs gehen, wo einen Loch auf der Wiese, vielleicht 20 mal 20 Zentimeter und grade einen Meter Tief, auf die Überreste von einem von uns wartet.
Man betet, man erinnerte sich noch ein Mal, vielleicht für das aller letzte Mal an den verstorbenen Kameraden, die Urne wird in das kleine Loch auf der grünen Wiese versenkt und von dem Friedhofangestellten in ein paar Minuten dicht geschaufelt.
Grade zehn keine Spaten Erden sind genug um ein kleines Loch in der Wiese zuzuschaufeln, wo eine Urne mit der Asche einem Seemann drin liegt, mehr nicht.
Das weis ich all zu genau, weil ich solchen Schippen Erde schon ein paar Mal gezählt habe, darum weis ich das!
Erde zu Erde!
Asche zu Asche!
Staub zu Staub!
Der Fall ist abgelaufen.

ENDE