martedì 4 novembre 2008

TERROR IN PLYMOUTH

Aus MSKR N° 3. Der Fall MS Kondor.

... Auf der anderen Seite des Hafens, wo wir lagen, eingezäunt und schwer bewacht, befand sich der Marinestützpunkt der Royal Navy.
Dort an der Pier lagen einige moderne Fregatten und Zerstörer, ein paar atomgetriebene U-Boote und mehrere Minensuchboote.
Aus den Zeitungen und Fernseher hatte ich an dem Tag gehört, dass man in dem Marinehafen aufgrund angeblicher IRA-Drohungen die Wachposten verdoppelt und einen höheren Wachzustand angeordnet hatte.
Auch die lokale Polizei sowie alle Sicherheitskräfte der gesamten Region waren alarmiert worden - kurz vor Weihnachten also herrschte in ganz England dicke Luft und die IRA war wieder mal schuld daran.
Den Abend davor hatte ich zwar gemerkt, dass die Suchscheinwerfer des Marinestützpunktes das Hafengewässer öfter und intensiver als sonst anstrahlten, mir war auch aufgefallen, dass die Boote der Küstenwache ihre Runden im Hafen öfter und penibler als sonst drehten und dabei hatte ich mich gefragt, wie schnell und wie konsequent die Engländer reagieren würden, falls es im Hafen wirklich ernst werden würde.
Wie schnell die Engländer auf eventuelle Drohungen reagieren konnten, wurde mir erst am nächsten Tag gegen vier Uhr morgens durch eine gewaltige Ballerei bewusst.
Da knallte es wie damals in Beirut.
Zuerst fing eine 1-Zoll-Remington-Flinte, die wir an Bord hatten, an zu ballern, gleichzeitig ließ auch die Neun-Millimeter-Star-Pistole, die wir auch an Bord hatten, von sich hören und dazwischen, als ob das nicht alles schon genug gewesen wäre, meldete sich die 30/30-Winchester zu Wort, die ebenfalls beim Kapitän im ehemaligen Zollwarenschrank lag, der zur Waffenkammer umfunktioniert worden war.
Was war da schon wieder geschehen?
So wie ich am nächsten Tag von den Jungs hörte, war der Alte gegen zehn Uhr abends wieder an Bord gekommen und hatte die Jungs und Peter an Land zum Bier eingeladen.
Jan und ich waren zu der Zeit schon in die Falle gegangen, und so bekamen wir, da die auf leisen Sohlen von Bord gingen, von der späten Einladung zur Party erst mal gar nichts mit.
Die Luwala schon, aber da sie den Klang der Schritte an Deck kannte, war sie ruhig und friedlich auf dem Sofa liegen geblieben und hatte nicht geknurrt, wie sie es normalerweise sonst tat, wenn fremde Leute bei Nacht und Nebel an Bord kamen.
Sie blieb ruhig liegen, auch als die Helden der Nacht gegen vier Uhr morgens wieder an Bord kamen, denn sie kannte ja ihre Schritte.
Sie muckte nicht auf, als die verdammte Ballerei anfing, denn das kannte sie nämlich auch.
Nur die pingeligen Wachposten drüben beim Navy-Stützpunkt blieben nicht ruhig, nein, die wurden sogar hellwach und verdammt unruhig und wild.
Im Hafen brach die Hölle los, denn als all die Waffen leer geschossen worden und neu aufgeladen waren, fing das Nachtkonzert, sozusagen als Zugabe, von vorne wieder an.
Die Remington-Flinte eröffnete also sozusagen als Präludium das Knarren-Concerto um 4 Uhr morgens bei eisiger Kälte und kristallklarer Nacht im Freihafen von Plymouth neben dem Stützpunkt der Marine, der wegen der IRA in Alarmzustand war, als Erste.
Es folgte der trockene sinistre Knall der Winchester 30/30.
Die spanische Neun-Millimeter-Star-Parabellum-Pistole, während die anderen Waffen wieder beladen wurden, machte für einen kurzen Moment ihr Solodebüt und feuerte ganz allein ihre Neun-Millimeter-Patronen ins Wasser, danach war für einen kurzen Moment Ruhe.
Grade als ich mit Luwala bei Fuß zum Bootsdeck rausging, erfasste uns einer der Scheinwerfer aus dem Marinestützpunkt an und ließ uns nicht mehr los.
Währenddessen fingen die Helden, sobald sie ihre Waffen wieder geladen hatten, ihre Darbietung von vorne an, und ich setzte mich auf die Bank neben dem Kamin und zündete mir in aller Ruhe eine Zigarette an.
Luwala sprang ebenfalls auf die Bank, sie legte ihren Kopf auf meinen Schoß und schien von allem, was um sie herum geschah, gar nicht beeindruckt zu sein.
Belustigt und besorgt zugleich kraulte ich ihr Fell und schaute mich um.
Unzählige Lichter gingen in der Dunkelheit der Häuser an, die gesamte Nachbarschaft schien durch die Schießwütigkeit der besoffenen Helden aus dem Schlaf gerissen worden zu sein, und ich konnte mir vorstellen, dass manche Bürger besorgt bei der Polizei und der Feuerwehr anriefen.
Es klang wie ein Handfeuerwaffengefecht im Wilden Westen, so ein Art O. K. Corall um 4 Uhr morgens im Hafen von Plymouth.
Von Land aus kamen einige Streifenwagen der Polizei mit heulenden Sirenen auf uns zugerast, von See aus setzten sich alle Küstenwacheboote der Welt auch in Bewegung, und die kamen alle in unsere Richtung. Währenddessen schossen die Helden an Deck beharrlich weiter in den Bach hinein, so als ob wir mitten im Atlantik wären.
Erst als sie aus einem der Boote eine ruhige Stimme per Lautsprecher höflich fragte, was zum Teufel sie wohl dachten, wo sie wären, hörten meine Helden auf herumzuballern.
Aber da war auch schon die Polizei von Land aus an Bord.
Höflich wie Engländer nun mal sind, baten die uns alle, in der Messe Platz zu nehmen, denn die wollten erst mal unsere Personalien aufnehmen.
Da aber alle unsere Pässe und Seefahrtsbücher bei Markus im Safe waren, zogen wir alle nach oben und nahmen bei ihm im Büro Platz.
Markus, der kaum auf den Füßen stehen konnte, bot denen einen Drink an, aber die lehnten ab.
Peter bot denen einen Kaffee oder Tee an, aber die lehnten ebenfalls ab.
Nein, die waren nicht zum Kaffeetrinken gekommen, sie waren zwar höflich, aber ihnen war gar nicht nach lustig zumute.
Ein paar der Polizisten kannte der Kapitän.
Die kannten auch das Schiff, und die kannten die Jungs, darum nahm die Polizei den Fall so locker.
Wie unter alten Freunden, während zwei von denen die Nummern der Waffen und die dazu gehörigen Zulassungsscheine überprüften, schrieben ein paar andere unsere Namen, Pass- und Seefahrtsbüchernummern auf.
>Verdammt, Markus, noch nicht mal in unserem Präsidium gibt es so viel Munition wie bei dir hier an Bord<, sagte einer der Polizisten zu ihm.
>Mit allem Drum und Dran sind es 600 Schuss<, antwortete mein Kapitän, als sei das die normalste Sache der Welt. >Waffen sind mein Hobby<, fügte er noch lächelnd hinzu.
>Mittlerweile sind es erheblich weniger geworden, Kapitän.<
>Und jeder Schuss wird dich wohl verdammt teuer zu stehen kommen, mein Lieber<, ergänzte sofort ein anderer der Polizisten in Zivil.
Und dann kamen auch die Herren vom Marinestützpunkt an Bord.
Die blauen Jungs waren nicht höflich, die waren nicht freundlich, die waren nur wutentbrannt und stinksauer.
>Sind die denn alle betrunken?<, fragte der Leutnant, der in Begleitung von vier MP-Leuten an Bord gekommen waren.
>Lass mich euch etwas erklären, Herr Kapitän. Wäre ich zufällig nicht bei dem Wachposten, der euch als Erster lokalisiert hat, dabei gewesen, der hätte euch alle ohne Weiteres mit seiner MG niedergemäht, okay? Gut für Sie, dass ich gesehen habe, wie Sie sich eine Zigarette angesteckt haben und den Hund bei Fuß hatten<, fauchte der Herr Leutnant mich an.
>Nix da<, wehrte ich ab. >Ich bin hier der Chief, das ist der Kapitän<, sagte ich und zeigte dabei versehentlich auf Peter.
>Möchten Sie eine Tasse Tee?<, lallte Peter in seinem Suff den „Man of war“ an.
Der Leutnant fasste sich an den Kopf und für einige Sekunde blieb er da mitten im Raum regungslos stehen.
>Stellt euch mal das vor, ich habe den Wachposten ablösen lassen müssen, der hat vor Aufregung am ganzen Körper gezittert, Mannomann, wir sind alle der IRA wegen in erhöhtem Alarmzustand, verdammt noch mal, und diese Idioten hier, die feuern mit ihren Waffen mitten in der Nacht einfach so herum<, donnerte der Leutnant los, ohne sich um Peters Einladung zu kümmern.
>Das war nicht nett von dir, Markus<, sagte einer der älteren Bullen.
Kurz darauf kamen auch noch mehrere Polizisten in Zivil an Bord, sodass die Bude breschenvoll wurde, und ich fragte, ob ich schlafen gehen könnte.
Jan und ich, als einzige nüchtern und noch im Schlafanzug, konnten gehen, und das taten wir auch.

Am Ende dieser Fahnenstange konnte der Kapitän seine Waffen an Bord behalten, da wir im Freihafen waren, wurden die nicht beschlagnahmt und von der Polizei in Gewahrsam genommen, sie wurden nur weggeschlossen, und das Schloss wurde von der Polizei verplombt.
Markus musste sich aber ein paar Tage später vor Gericht verantworten.
Er bekam eine saftige Geldstrafe aufgebrummt, mehr nicht.
Wie viel es war, weiß ich nicht, er hat mit mir nie darüber geredet, und ich habe auch nie danach gefragt, und Tageszeitungen brachten die Agenten von da an auch nicht mehr an Bord.
Von da an hatten wir die Polizei jeden Tag an Bord, sie kamen und kontrollierten ihre Plombe am Waffenschrank, sie kamen immer morgens und manchmal auch am Abend.
Und nein, Markus und seine Helden ballerten von da an nicht mehr mitten in der Nacht im Hafen von Plymouth herum.