venerdì 2 gennaio 2009

EINE BREMISCHE GESCHICHTE

Aus MSKRP N° 3. Der Fall MS. CONDOR. (1989)

Bremen ist nicht meine Wahlheimat, meine Wahlheimat ist das Meer und mein Zuhause sind die Schiffe, auf denen ich fahre.
Nein, Bremen ist nicht und wird nie meine Wahlheimat sein. Bremen ist meine Art und Weise zu leben, frei nach dem Motto: Alles oder nichts und immer nach vorne schauen.
Alles oder nichts hat mit Geld wenig zu tun.
Für mich bedeutet alles oder nichts weder Geld noch Macht oder Reichtümer. Für mich alles oder nichts bedeutet Leben, jetzt leben, sich nicht kleinkriegen lassen und um den Lebenswillen da zu sein.
Um des Lebens willen da zu sein, auch dann, wenn die Weichen schlecht gestellt sind, sich einzusetzen, um zu verbessern und das aus reiner purer Lebenslust.
Das ist Bremen für mich, und so bin ich.
Fast hätte ich mich vor langer Zeit sogar in Bremen häuslich niedergelassen, natürlich in einem Hause mit allem Pipapo, das ein gutbürgerliches Leben ausmacht und nicht ins Seemannsheim. Ein Haus mit Wein, Weib und Gesang, dem ungeachtet, auch mit einem anständigen Badezimmer mit Badewanne und glänzendem feinen Klo, wo man auch in alle Ruhe, eine Zigarette beim Bildzeitungslesen qualmen kann und wo sich, gut, würdevoll und vornehm, kacken lässt.
Dann wäre ich bestimmt, nicht ins Seemannsheim geblieben.
Das alles wäre fast geschehen, wäre bloß nicht, der akute seemännische Scharfsinn in puncto Weiber in mir gewesen, der als ständige Begleiter, mich von ankommenden Gefahr warnt.

Das Weib, das meine längst vergessenen gutbürgerlichen Gefühle in mir wieder halbwegs erweckt hatte, arbeitete damals als Kellnerin in einer gut besuchten und gepflegten Kneipe unweit von Bremen.
Sie muss um die 40 gewesen sein, vielleicht ein bisschen älter als das, aber keineswegs jünger und zwar, um ehrlich zu sein, ein bisschen zu alt, aber ihrem Alter zum Trotz gut erhalten, gut ernährt und mit einem vollständigen eigenen gelblichen Gebiss, ausgestattet.
Ihre Raucher stimme gab ihr so eine Art von kriminal Tango Aura, die eigentlich in das vornehme Lokal gar nicht hineinpasste, aber grade das gab ihr der Schein der Sünde und zog die biederen Ehemänner der Umgebung, magisch an.
Sie trug zwar viel zu kurze Haare, so in etwa eher maskulin als weiblich, was ihren etwas zu klein geratenen Kürbis auf ihrem korpulenten Körper noch kleiner erschienen ließ, sie hatte auch eine sehr komische Art und Weise sich zu kleiden. Ihr Geschmack in puncto Klamotten war wirklich das Allerletzte, was man sich an einer reifen Frau vorstellen konnte.
Persönlich fand ich ihre Vorliebe für Omas Klamotten einfach lächerlich, und wenn sie sich um ihren kurzem Hals auch noch ein palästinensisches Bettlaken schlang, das ihren kleinen Kürbis mit dem Kurzhaarschnitt auf ihrem korpulenten Körperbau noch kleiner erschienen ließ, dann war alles zu spät.
Trotzdem fand ich die Alte nett, denn ich war mir sicher, falls es mit uns, was letztendlich keineswegs sicher war, geklappt hätte, ich schon Mittel und Wege gefunden hätte, ihr ihre geschmacklose Weise sich zu kleiden auszutreiben - notfalls mit ein paar auf die Schnauze.
Irgendwie hätte ich sie bestimmt zur Räson gebracht, da bin ich mir ganz sicher.
Mehrere Male schon hatte ich versucht, was in Anbetracht ihrer Camouflage-Phobie, wahrlich nicht gerade einfach gewesen war, mir die alte Sau hinter der Theke zurecht zu saufen.
Nach mehreren anstrengenden Anläufen und mühevollen Versuchen, die mir wie Schwerstarbeit vorkamen, hatte ich es fast geschafft und sie mir so dermaßen gut zurechtgesoffen, dass sie mir in meinem Suff wunderschön vorkam.
Für sie hatte ich mir nach willensstarken Anläufen und konsequentem Probieren endlich die passende Frisur zurechtgesoffen: eine lange füllige Haarpracht, eine Komposition, die ihren kleinen Kürbis unter ihrer Fülle verschwinden ließ.
Ihre palästinensische Bettwäsche in den Mülleimer geworfen, ihre Klamotten der Heilsarmee geschenkt.
Den Fensterkitt aus ihrem Gesicht abgeschabt.
Sie in ein dezentes, aber sexy blaues Kostüm hineingequetscht und auf ihrem Gesicht eine hauchdünne Schicht Rouge aufgelegt, denn obwohl von stämmiger Bauart und kugelrund, sah sie letztendlich doch etwas blass aus.
So in etwa sah in meinen Suffträumen meine Traumfrau aus, gewiss nicht gerade erste Auslese, nein, das war sie nicht, aber immerhin besser als vor dem Zurechtsauf-Experiment.
Um ehrlich zu sein, man konnte doch in meinem Alter sich nicht allzu wählerisch anstellen, denn im Grunde genommen hatte ich auch nicht viel zu bieten, nicht wahr? Denn als Seemann, Ausländer, Sozialsäufer, weiberfaul und thekenaktiv, mit Bierbauch und ner Glatze und mit klapprigen und erneuerungsbedürftigen Knabberleisten obendrauf ist man auch nicht gerade ein blauer Prinz.
Blau schon und das oft und richtig, aber Prinz?
Nein, das bin ich wirklich nicht.
Die Alte aber, so wie ich sie mir zurechtgesoffen hatte, hätte bestimmt ihren Zweck erfüllt, denn im Grunde genommen wäre das doch der Sinn der ganzen Übung gewesen, nicht wahr?
Wie gesagt, fast hätte ich’s geschafft, wäre mir bloß nicht ihr dämlicher sturer Arsch in die Quere gekommen. Himmel, Gott ist mein Zeuge, dass ich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln versucht habe, die einem Nilpferd ähnliche Protuberanz, die an ihrem Achtersteven hing, zurechtzusaufen.
Es nutzte alles nichts, ihr alter Arsch blieb so, wie er war, im Gegenzug aber war ich jeden Tag nur noch besoffen.
Fest entschlossen, doch noch einen passenden Arsch für ihren Achtersteven zurechtzuschustern, verpasste ich mir, sozusagen als zusätzliche Verstärkung und Reiz für meine stilistischen Eigenschaften, zu jedem Beck‘s einen Doppelkorn.
Scheiße, von da an nahm das Unheil erbarmungslos seinen Lauf, denn nach ein paar Tagen anstrengender Versuche bekam ich gewaltige Magenschmerzen, meine Hände fingen an zu zittern, und ihr sturer Arsch schien mir noch größer und monströser geworden zu sein.
Fast entmutigt, aber immer noch mit dem verbissenen Draufgängertum des erfahrenen Seemanns, wechselte ich kurzerhand von Bier und Doppelkorn zu Bier und Wodka.
Es nutzte aber alles nichts, denn ihr Arsch wurde noch riesiger.
Danach probierte ich es mit Bier und Cognac, da musste ich aber, als mein Magen mir fast um die Ohren flog, schleunigst meine zitternden Flossen davon lassen, sonst wäre ich auch noch jämmerlich am Tresen krepiert.
Es war wirklich zum Verzweifeln, denn nie zuvor hatte mich so ein dämlicher Weiberarsch so viel Anstrengung, so viel Mühe und Not gekostet.
Einen halbwegs rettenden Einfall, um wenigstens zu retten, was noch zu retten war, bekam ich, als ein Bekannter von mir ins Lokal kam, von dem ich wusste, dass er gute Cocktails zubereiten konnte, und schon bat ich ihn, mir eine Bloody Mary zu machen. Sie, die meine verzweifelten Anstrengungen, ihr einen besseren Arsch verpassen zu wollen, zu schätzen und zu würdigen wusste, erklärte sich sofort bereit, mir selber eine Bloody Mary zuzubereiten. Ein Unterfangen, das ich, da ich ihr noch nicht so ganz übern Weg traute, sofort ablehnte.
Daraufhin wurde das undankbare Geschöpf sauer, allen meinen Bemühungen zum Trotz, ihr eine bessere Figur verpassen zu wollen und sprach kein Wort mehr mit mir, und meine gutbürgerlichen Gefühle, beleidigt und verschämt, gingen sofort auf Tauchstation und schliefen ruck, zuck wieder ein.
Nichtsdestotrotz hatten die vielen Bloody Marys, die ich an dem Abend trank, eine magische Wirkung, denn je mehr ich davon trank, desto nüchterner wurde ich. Ich trank nur noch so viel, was auch nicht gerade einfach war, bis ich ganz nüchtern war, zahlte wieder mal eine gepfefferte Rechnung und ging auf Nimmerwiedersehen aus der Kneipe direkt ins Seemannsheim, schlafen, wo ich 24 geschlagene Stunden lang den Schlaf der Gerechten schlief.
Bevor ich aber in meiner Koje einschlief, fragte ich neugierig all die kleinen lustigen grünen Männchen, die mit ihren riesengroßen Nilpferdpeitschen um meine Koje tanzten, was die eigentlich in meiner Bude zu suchen hatten und bat sie, bitte schön, etwas leiser zu sein ...