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Bremens Blogger-Szene schließt sich zusammen / Erstes Treffen am kommenden Freitag
Seemänner und Hunde im Netz
Von Annica Müllenberg und Steffi Urban
BREMEN. Die Minischlösser von Tagebüchern haben ausgedient: Heute schreiben Menschen ihre Meinungen, Gedanken und Wünsche nicht mehr für sich allein in verschließbare Büchlein, sondern für alle Welt sichtbar in Internet-Blogs.
In Bremen und um zu, haben sich nun Freizeitautoren und
–Fotografen zu den Nordbloggern zusammengeschlossen.
15 Quadratmeter mit Bett, Waschbecken und einem kleinen Schreibtisch, auf dem ein Computer steht: So sieht ein Zimmer im Seemannsheim aus – aber auch eine Blogger-Zentrale. Franco Parpaiola teilt sich von dort der Welt mit. Italiener, Deutsche und Amerikaner lesen seine kritischen Anmerkungen über Reedereien, Waffenhandel und Skandale aller Art.
Geschrieben hat der Italiener schon immer gern, allerdings
reichte ihm ein veröffentlichtes Buch über seine Erfahrungen auf dem Meer nicht
aus.
Im Bremer Seemannsheim, in dem der Rentner seit seiner
Pensionierung im Jahr 2003 wohnt, initiierte er auch einmal eine Minizeitung.
Aber das war irgendwann zu aufwendig.
„Schreib doch einen Blog“, riet ihm ein Mitbewohner.
„Einen was?“ Parpaiola wusste mit dem Begriff nichts
anzufangen, hatte aber den Mut, sich mit 65 Jahren noch einen Computer zu
kaufen.
„W-Lan, Internet und Google kannte ich nicht“, gesteht
der einstige Maschinist und zeigte auf seine Hosentasche: „Ich habe heute immer einen Speicherstick dabei, auf dem meine Texte sind.“
Sätze mit 25 Wörtern
Nachdem er 40 Jahre lang auf den Weltmeeren unterwegs war,
ist Parpaiola in Bremen vor Anker gegangen. „Volle Kraft“ gibt er nun mit
Worten in zwei Blogs.
Der eine ist auf Deutsch, der zweite auf Italienisch.
Außerdem schreibt er ab und zu Kolumnen für einen
italienischen Blog.
Darin erklärt er seinen Landsleuten, wie Deutschland
funktioniert.
– vom Mittellandkanal bis Stuttgart 21.
„Ich schreibe am liebsten nachts, dann ist es still“, berichtet der Freizeitreporter, der sich täglich vielen Gefechten aussetzt.
Als kritischer Beobachter kommentiert er die Geschehnisse in Deutschland und Italien: „Dabei kommen beide Länder nie gut weg“, sagt der Abenteurer mit einem Lächeln.
Auch mit der deutschen Schriftsprache ist er nicht immer einverstanden: „Die Sätze sind mir zu kurz. Für mich muss ein anständiger Satz mindestens 25 Worte haben“, erklärt er mit weit ausschweifenden Gesten.
Neues Netzwerk Weit ausschweifend ist auch die ganze
Blogger-Szene. Parpaiola ist einer von zig Millionen, die sich weltweit im Netz
tummeln.
Um in der Masse der Publikationen nicht völlig unterzugehen, haben sich nun einige Bremer Internet-Tagebuchschreiber zusammengetan.
Ins Leben gerufen wurde das Netzwerk Nordblogger von der
Bremerin Sandra Lachmann und der Oldenburgerin Sarah Asche.
Die beiden bloggen selbst und wunderten sich, dass sie nur
wenige Portale aus Bremen fanden. „Es konnte doch nicht sein, dass die Szene in
Metropolen wie Berlin und Hamburg so vielfältig ist und hier nichts passiert.
Das konnten wir uns nicht vorstellen“, sagt Lachmann.
„Und tatsächlich kamen zum ersten Nordblogger-Treffen gleich
15 Leute, inzwischen ist die Gruppe auf 47 angewachsen“, ergänzt sie.
unterschiedlichen Themen.
Die Blogs heißen etwa Erdbeerwald.de, Kleine-wunderueberall.
de sowie Lieber-tee. de und drehen sich um alltägliche Befindlichkeiten, Erlebnisse,
Ausflüge, Konzerte,Selbstgemachtes wie Kleidung, Möbel sowie Essen, und sind
meist kreativ bebildert.
Die meisten würden mit ihren Aufzeichnungen keine
kommerziellen Interessen verfolgen.
„Für viele ist es eine Möglichkeit, Gleichgesinnte mit ähnlichen Hobbys zu finden, sich
auszutauschen, neue Ideen zu entwickeln und natürlich auch die eigenen Ideen
und Gedanken zu verbreiten“, erklärt Lachmann,
die unter anderem den Blog „Wortkonfetti“ betreibt.
Dass, das Tagebuchführen im Netz immer populärer wird und
Blogs laut Lachmann wie Pilze aus dem Boden schießen, liege auch daran, dass es
so einfach sei, erläutert die Bloggerin: „Es gibt kostenlose Plattformen wie
Wordpress.com und Blogger.de, über die ohne technisches Vorwissen Blogs kreiert
werden können.“
Dafür will auch Franco Parpaiola seine Blogger-Zentrale
im Seemansheim verlassen.
blogspot.com und www. worldlive.de/franco gelesen
bremen.de unter dem Stich